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Edle Steine üben seit jeher eine große Faszination auf die Menschheit aus. Als geschliffene Kristalle erscheinen sie dem Betrachter facettenreich in vielen Farben.
Nicht alle Menschen können Farben mit Ihren Augen wahrnehmen. Doch warum sollten sehbehinderte Menschen nicht in anderer Form Zugang zur Faszination „Farbe“ haben? Mit Hilfe der Sensorik und Akustik möchte ich die rein visuelle Wahrnehmung erweitern.
Mein aktuelles Kunstprojekt S • F • F • T setzt den Gedanken um, Farben fühl- und hörbar zu machen. Das rein haptische Erlebnis wird durch die einzigartige Tonalität des jeweiligen Minerals musikalisch erweitert.
Meine künstlerische Idee wurde vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit einem Stipendium gefördert.
Dass wir einen Stein in einer bestimmten Farbe sehen, liegt daran, dass spezielle Wellenbereiche des in den Stein einfallenden Lichtes absorbiert werden. Sowohl die für das menschliche Auge sichtbaren, als auch die nicht sichtbaren (ultravioletten und infraroten) Wellenlängenbereiche des Lichtspektrums werden in der Gemmologie (Edelsteinkunde) diagnostisch zur Edelsteinbestimmung genutzt.
Jede Edelsteinart hat ein für sich unverwechselbares Spektrum, quasi einen individuellen „Personalausweis“, bedingt durch die jeweils enthaltenen Elemente. Dadurch ist eine relativ zuverlässige Identifikation / Bestimmung eines zuvor unbekannten Edelsteines möglich.
In meinem Projekt habe ich mich mit dem für das menschliche Auge normalerweise sichtbaren Wellenbereich von ca. 400 bis 780 nm (Nanometer) befasst.
Die Darstellung der für den Menschen üblicherweise sichtbaren Wellenbereiche des Lichts kann zum einen in Form eines Rechteckspektrums als bunter Streifen in Spektralfarben (Regenbogenfarben) mit dunklen Balken / Bereichen, den sogenannten „Absorptionslinien“ oder „Absorptionsbanden“, erfolgen.
Eine andere Darstellungsvariante erfolgt als Kurvengrafik. Die Absorptionslinien sind hier als sogenannte „Peaks“ (Spitzen) dargestellt. Je intensiver und klarer die Absorptionslinie sich im Rechteckspektrum darstellt, desto höher in der Intensität wird eine Spitze in der Kurvengrafik dargestellt.
Ein Gerät zur Feststellung bzw. zur Messung von Spektren nennt sich „Spektroskop“. Die wissenschaftliche Untersuchung mit „Spektroskopen“ bezeichnet man als „Spektroskopie“.
Mein Wissen als Gemmologin (Edelsteingutachterin) und die technische Ausrüstung meines Edelsteinlabors bilden einen Teil der Basis meines Kunstprojektes. Zusammen mit meinem Know-How als Goldschmiedemeisterin und der technischen Ausrüstung meiner Goldschmiedewerkstatt ist die technische Basis für das Projekt Kunstprojekt S • F • F • T komplett.
Mein Schaffen und die Ideen als Künstlerin gepaart mit meiner Leidenschaft für Edelsteine fügen alle vorgenannten Puzzleteile zu meinem Projekt S • F • F • T zusammen.
Sehbehinderte Menschen können die wunderbaren Farben funkelnder, edler Steine nicht visuell erfahren. Ich möchte, dass sie die Farben stattdessen mit anderen Sinnen erleben können.
Mein Ziel war und ist es, die Farben in Form und Tönen erlebbar zu machen. Sollte es nicht möglich sein, die wissenschaftliche Darstellung der Farbspektren von Edelsteinen fühlbar zu nachen? Natürlich! Die Idee zum Entwurf und der Herstellung von Farbeindrücken in Form von begreifbaren, ertastbaren Skulpturen war geboren.
Als Materialien für meine Skulpturen sollten mir verschiedene edle und unedle Metalle dienen. Als weitere Werkstoffe wollte ich Materialien organischen Ursprungs wie Bein, Muschel, Holz verwenden. Im Mittelpunkt sollte natürlich jeweils ein für die jeweilige Skulptur in der entsprechenden Farbe und Steinart charakteristischer Edelstein stehen.
Die zuvor mit meinem Edelstein-Spektroskop gemessene Kurvengrafik sollte gestalterisch in der jeweiligen Skulptur fühlbar umgesetzt werden. Die darstellende Kurve kann beispielsweise vertieft in einer Fläche dargestellt werden oder als gebogenes Element. Es ergab sich eine Fülle an Möglichkeiten, die ich in den vergangenen Monaten in zahlreichen Entwürfen als handgezeichnete Skizzen zu Papier gebracht habe.
Zusätzlich sollten für das sehende Publikum die Farbeindrücke visuell als Wandobjekte geschaffen werden.
Schon während der Entwicklung der Grundgedanken zu S • F • F • T gaben Wortspielereien mit meinem Freund und Kollegen Mario Sarto den Anstoß, die Umsetzung der fühlbaren Farben auch in hörbare „Farbtöne“ zu übersetzen.
Es ergaben sich auch hier so unendlich viele Möglichkeiten. Ich überlegte zunächst, die Kurvengrafiken der Spektren in Tonfolgen auf meinem Klavier zu spielen. Auch diverse digitale Programme zur Bearbeitung zog ich in Betracht.
Die so erreichten Ziele in Form von Computersounds klangen schon ganz interessant. Ich wollte jedoch noch mehr. Schlussendlich setzte ich mich dann mit dem genialen Gelsenkirchener Schlagzeuger Daniel Sanleandro zusammen und erzählte ihm von meinen Ideen. Er hatte direkt die Assoziation zum spannenden Phänomen der Synästhetisie. Synästhetiker können beipielsweise bei der Betrachtung eines Bildes die Farben hören.
Umgekehrt können einige Synästhetiker Musik nach Farbfolgen bzw. Bildern spielen. Er konnte sich in meine Farb-Form-Ton-Gedanken versetzen.
Wir entwickelten die Idee, die Kurvengrafiken der Edelstein-Farb-Spektren mit Daniels Instrument, dem Schlagzeug, umzusetzen.
Das Ergebnis ist verblüffend. Daniel Sanleandro setzt die Intensität der Edelsteinkurve in die Intensität der Schlagzeugrhythmen um. Ein Herzschlag-Beat, der die Lebendigkeit der Edelsteine symbolisiert, ist bei allen Musik-Clips wieder zu erkennen. Die Länge eines Clips gibt die Wellenlängenbereiche des für das menschliche Auge sichtbaren Lichtes wieder (die x-Achse der Kurvengrafiken).
Die Intensität in Lautstärke und Heftigkeit des Schlagzeugsounds gibt die Intensität der Ausschläge der Kurvengrafiken auf der Y-Achse wieder. Fährt man mit dem Mauszeiger oder dem Finger eine der Grafikkurven entlang, während man den dazugehörigen Clip hört, kann man deutlich die klare Übersetzung von Bild in Sound erkennen. Es funktioniert! Es ist faszinierend!
Schon im September des Corona-Jahres 2020 ergriff mich die Idee der künstlerischen Umsetzung von Farbe in Form in Bezug auf meine wissenschaftlich-analytische Arbeit mit den Edelsteinen. Die Welt der Edelsteine übt auf mich eine ganz besondere Faszination aus. „Mutter Natur“ selbst ist schon eine eigenständige Künstlerin. Wenn ich durch mein Edelstein-Mikroskop in die kristallinen Innenwelten der funkelnden Steine blicke, offenbaren sich mir wahre Naturwunder auf kleinstem Raum.
Anfang Oktober 2020 erhielt ich vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW ein Stipendium, das es mir ermöglichte, meine künstlerische Arbeit und meine Ideen auszuleben.
Anfang Januar 2021 stand die endgültige Auswahl der Edelsteine für S • F • F • T fest. Ausschlaggebende Entscheidungshilfe war zusätzlich ein Besuch bei meinem exzellenten und innovativen Steinschleifer Volker Rupp. Ich wählte unterschiedliche Steinarten aus in schönen, klaren Farben und mit interessanten, aussagekräftigen Spektrums-Kurvengrafiken.
Als nächsten Schritt untersuchte ich alle gewählten Edelsteine mit meinem GemmoRaman – Spektroskop. Dies ist ein Gerät zur wissenschaftlichen Untersuchung und Identifikation von Edelsteinen und Mineralien.
In den ersten Monaten des Jahres 2021 entstanden nun aus der ursprünglichen Idee zu S • F • F • T facettenreiche Entwürfe zu Klein-Skulpturen, mit und ohne integriertem, tragbaren Schmuckstück, aus unterschiedlichsten Materialien. Jeder Entwurf enthielt natürlich in irgendeiner Form den jeweils gewählten Edelstein und die dazugehörige Silhouette des ermittelten Spektrums.
Aus den Entwürfen wählte ich anschließend diejenigen aus, die ich zwei- und dreidimensional in die Realität umsetzen wollte.
Während des Schaffensprozesses testete ich unterschiedliche Materialien und Metalle aus. Als Goldschmiedemeisterin habe ich naturgegeben eine hohe Affinität zu den Edelmetallen. So sind Gold, Silber und Bronze die Hauptbestandteile meiner Skulpturen, die den Edelsteinen die adäquate Bühne bieten.
Ursprünglich war das Ende des Projektes für Ende Juni anvisiert. Doch ich kann jetzt schon sagen, dass ich S • F • F • T sicherlich auch zukünftig noch in meine Werke integrieren werde.
Das eigentlich ursprünglich geplante Projektfinale, eine Ausstellung mit den entstandenen Skulpturen und Bildern, konnte bis jetzt leider pandemiebedingt noch nicht stattfinden.
Für September 2022 ist dann endlich die „live“-Ausstellung zum Projekt S • F • F • T im meinem Werkstatt-Atelier in Gelsenkirchen anvisiert. Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich eine ausreichend stabile Corona-Situation.
Hellblau – Aquamarin oder Topas – ich konnte mich nicht entscheiden und nahm beide in die engere Auswahl.
Dunkelblau – ein Labradorit mit wunderschönem zusätzlichen Lichteffekt, dem „Labradorisieren“. Bei meinem Stein der Wahl tritt ein schillernder, seidiger Effekt in einem tiefen Blau auf, hervorgerufen durch sogenannte „Interferenzerscheinungen“ an feinsten Lamellen der Kristallstruktur.
Gelb – ein wunderschön geschliffener Citrin, eine gelbe Quarz-Varietät – das Design der zugehörigen Schmuckskulptur wurde zuerst geboren.
Braun – ein funkelnder Mali-Granat im Maya-Schliff by Volker Rupp – der Stein mit dem coolsten Rhythmus im Blut bzw. in der Kurvengrafik hat es mir besonders angetan.
Orange – ein Farbton der Lebensfreude und Vialität symbolisiert. Ich habe hier einen Spessartin, eine edle Granatvarietät im Cabochon-Schliff ausgewählt.
Rot – der rote Turmalin ebenfalls im Maya-Schliff by Volker Rupp hat einen wunderschönen Farbton mit einem Hauch von Violett-Stich.
Hellgrün – das kräftig-frische Erscheinungsbild des Peridot machte ihn schon im Mittelalter zu einem begehrten Edelstein.
Dunkelgrün – ein traumhaftes Pärchen grüner Turmaline wurde von mir zur Durchführung meines Projektes ausgewählt.